
Von Manfred Weghenkel
Man muss nicht mehr als 9.000 Kiometer weit – ins fernöstliche Japan – fliegen, um die legendäre Kirschblütezeit zu erleben. Auch hierzulande, so in Berlin und Umgebung, gibt es einige wunderschöne Orte, wo die japanische Kirschblüte (Sakura) gerade jetzt im frühlingshaften April gleichsam ihre Blütezeit hat. Hier einige der markantesten und beliebtesten Spots: Kirschblütenweg Lichterfelde Süd / Teltow, Gärten der Welt (Marzahn), Bornholmer Straße (Prenzlauer Berg), Mauerweg bei Lichtenrade, Kiefholzstraße zwischen Alt-Treptow und Plänterwald.
Es ist ein milder Frühlingstag. Die Sonne schickt erste wirklich warme Strahlen über die Dächer der Stadt, und ich habe nichts Besseres vor, als mich treiben zu lassen. Mein Ziel: der Park, von dem alle reden. Kirschblüte. Sakura. Dieses zarte, flüchtige Rosa, das für ein paar Tage alles in Watte hüllt. Kaum biege ich in die Allee ein, ändert sich etwas in der Luft. Es duftet süßlich – nicht aufdringlich, mehr wie eine Erinnerung. Und da sind sie. Reihenweise Bäume, die aussehen, als hätten sie sich eigens für ein Shooting in Schale geworfen. Die Zweige schwer von Blüten, das Licht bricht sich an den zarten Blättern und wirft ein pastellfarbenes Kaleidoskop auf den Kiesweg. Ich bleibe stehen, einfach so. Nur um zu staunen.

Ringsum: Menschen. Paare, Familien, allein Schlendernde wie ich. Viele haben ihre Kameras gezückt, manche liegen einfach auf einer Decke im Gras, die Augen halb geschlossen, als wären sie mitten in einem Traum. Ein kleines Mädchen versucht, Kirschblüten mit einem Kescher zu fangen, als wären es Schmetterlinge. Ihr Lachen trägt weit. Ich setze mich auf eine Bank unter einem besonders üppigen Baum. Die Blüten rieseln sachte – ein natürlicher Konfettiregen, lautlos und poetisch. Für einen Moment wird alles langsam. Kein Handygeklingel, kein Zeitdruck, nur dieser fragile Moment im Jetzt. Ich nippe an meinem mitgebrachten Kaffee. Er schmeckt besser hier. Irgendwo spielt jemand leise Ukulele, als hätte die Szene noch eine Tonspur gebraucht. Zwei Teenager versuchen, sich gegenseitig unter einem Blütenregen zu fotografieren – nach dem zwölften Versuch klappt’s fast. Ich muss lächeln. Und so sitze ich da, lasse mich einlullen vom sanften Frühlingstaumel.

Es ist mehr als ein Spaziergang. Es ist ein kleines Fest für die Sinne, eine leise Erinnerung daran, wie schön vergänglich sein kann. Am Abend, als ich den Park verlasse, klebt mir noch eine einzelne Kirschblüte am Jackenärmel. Ich nehme sie mit – als Souvenir eines Tages, der sich wie ein Gedicht anfühlte.
Redaktion und Foto (1): M. Weghenkel, Bildillustrationen (2) mittels KI
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