Von Manfred Weghenkel

Ein kühler, trüber Novemberabend in Berlin-Charlottenburg. Da kam dieses Wärme und Glanz ausstrahlende Event gerade recht: krönendes Galakonzert zum Abschluss des Bundeswettbewerbes Gesang (BWG) 2025 in der Kategorie Musical und Chanson. Rund 500 Liebhaber der leichten Muse erlebten es am 10. November im Renaissance-Theater, das wegen seiner denkmalgeschützten Art déco-Architektur zu den Kleinoden der hauptstädtischen Theaterlandschaft gehört. Wer waren die Preisgewinner und was boten sie?

Die aus Lüneburg stammende Nike Just startete das facettenreiche Programm

Der Abend war ein eindrucksvolles Finale mit jungen Gesangstalenten im Alter von 17 bis 30 Jahren, starker musikalischer Begleitung durch Ferdinand von Seebach & Band und charmanter, charismatischer Moderation durch die Schauspielerin und Sängerin Julia Gámez Martin. Sie war 2009 Siegerin des BWG Berlin im Bereich Musical/Chanson.

Pia Dembinski
Franziska Maria Geprägs

Zum Start von Deutschlands renommiertesten Gesangswettbewerb, der in die 54. Runde ging, hatten von Juli bis Oktober 124 junge Frauen und Männer aus 13 Regionen Videos eingeschickt. Davon wurden 75 Talente für den ersten Vorentscheid ausgewählt; und davon erreichten 30 das Finale in Berlin. Die 16 Besten von ihnen – gekürt von einer hochkarätigen Jury – stellten sich nun dem Publikum im Renaissance-Theater Berlin zum abschließenden Galakonzert. Übrigens, für die siegreichen Talente stehen von Förderern und Sponsoren in großzügiger Weise bereitgestellte Preisgelder von rund 50.000 Euro zur Verfügung.

Milena Lebus
Markus Ücker

Zum Hauptanliegen der Veranstaltung der Schirmherr Kai Wegner, Regierender Bürgermeister von Berlin: „Der Bundeswettbewerb Gesang ist seit Jahrzehnten ein bedeutendes Forum für die Förderung von Talenten und hat zahlreichen namhaften Künstlerinnen und Künstlern den Weg geebnet.“ Ein Karriere-Sprungbrett war der BGW z. B. für Max Raabe, Katharine Mehrling, Esther Kaiser, Dionne Wudu, Bodo Wartke und die bereits erwähnte Julia Gámez Martin. Sie führte nicht nur souverän durchs Programm, sondern auch mehrere informative Kurzinterviews mit Ausgezeichneten und Gästen, so mit der jüngsten Wettbewerbsteilnehmerin Pauline Steinmüller und der Berliner Kulturstaatssekretärin Cerstin Richter-Kotowski.

Samuel Franco
Nike Just

Zu den glücklichen Gewinnern des diesjährigen Wettbewerbes gehören: Kategorie Musical 1. Preis: Isabel Saris (Sachsen), 2. Preis: Lino Kalich (Hessen), 3. Preis: Lucia Bernadas Cavallin (NRW) – Kategorie Chanson 1. Preis: Laura Magdalena Goblirsch (Berlin), 2. Preis: Josefine Ella Rau (Rheinland-Pfalz), 3. Preis: Pia Dembinski (Berlin) – Sonderpreise: Nike Just, Samantha Mayer, Samuel Franco, Markus Ücker – Förderpreis (Jahresstipendium) Emilia Holweg

Laura Magdalena Goblirsch
Lino Kalich

Mit einem unterhaltsamen, bunten Programm aus Chansons, Musicalnummern, Eigeninterpretationen, Solobeiträgen und Ensemblemomenten präsentierten die Preisträger:innen das bereits eindrucksvolle Level ihres Könnens.

Der elegante historische Theatersaal

Hier einige Highlights des Abends: Nike Just eröffnete ruhig und entspannt, mit jazzigen Momenten, den Reigen mit „Back on Base“ aus dem Musical Closer Than Ever (1989). Josefine Ella Rau interpretierte temperamentvoll das berühmte Chanson „Der Furz“ (1972) von Georg Kreisler. Samantha Mayer brillierte mit der Stepdance-Performance „Das krieg‘ ich hin“ aus dem Musical A Chorus Line (1975). Samuel Franco überzeugte als Sänger am Piano mit der gefühlvollen italienischen Ballade „Vedrai, vedrai“(1959) von Luigi Tengo. Von Pigor/Eichhorn stammt das satirische Lied „Was willste denn in Wien“ (1998), das von Emilia Holweg kongenial  vorgetragen wurde. Einen zweiten Auftritt hatte Nike Just: Sie erhielt einen Förderpreis für die beste Darstellung einer Musical-Szene. Für den Friedrich-Holländer-Song „Die Kleptomanin“ (1931) bekam sie viel Applaus.

Die letzten drei Titel des abwechslungsreichen Programms waren natürlich besonders finalwürdig. Laura Magdalena Goblirsch traute sich an das berühmte Lied „Surabaya Johnny“ aus dem Stück „Happy End“ (1929) von Brecht/Weill. Markus Ücker aus Oberbayern sang in tiefster Weise berührend, ja ergreifend das hochpoetische, melancholisch-düstere Ludwig-Hirsch-Lied „Komm, großer schwarzer Vogel“ (1979). Und Isabel Saris bewies, dass sie vollauf berechtigt den 1. Preis im Fach Musical gewonnen hatte. Ihre expressive Interpretation des Songs „Frei und schwerelos“ aus dem Broadway-Musical Wicked (2003) war einfach phänomenal und riss das Publikum von den Sitzen.

Die stimmgewaltige Dresdnerin Isabel Saris bei ihrer umjubelten Performance

Als man dann nach dem gefeierten Konzert, noch nachhallenden Beifall in den Ohren, aus dem wohltemperierten Renaissance-Theater in die Berliner Kälte trat, hatte man das Gefühl, dass irgendwo in der City noch ein letzter Ton hängt, als würde er leise sagen: „Bis nächstes Jahr.“ Nun ja, den Bundeswettbewerb Gesang dürfte es auch 2026 wieder geben. Jährlich abwechselnd wird er unter dem bewährten Motto „Junge Stimmen zur Bühne!“ in den Sparten Musical/Chanson sowie Oper/Operette/Konzert veranstaltet.
Text und Fotos (14): Manfred Weghenkel

Weitere Infos: www.bwgesang.de