Von Manfred Weghenkel
Von spätbarockem Flair über groovigen Swing und Jazz Dance bis zur topmodernen Drohnen-Show spannte sich der abwechslungsreiche Programmbogen bei der diesjährigen Potsdamer Schlössernacht. Nahezu 30.000 Gäste kamen auf mehr oder weniger kurzen Wegen am 22. und 23. August in den zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Schlosspark Sanssouci. Es waren zwei stimmngsvolle Sommerabende voller Romantik, Magie, Genuss, Natur und Kultur. Hier einige der vielen Highlights des traditionsreichen Großevents in der brandenburgischen Hauptstadt, das diesmal unter dem anregenden Motto „Potsdam tanzt!“ stand…
Der renommierteste Schlosspark Deutschlands verwandelt sich ab 17 Uhr in eine riesige Flaniermeile und Tanzfläche. Die Sonne versteckt sich langsam hinter den Baumwipfeln. Schon bald beginnt der milde Abend zu leuchten.


Hier geht’s nicht um bloßes Flanieren – hier wird gefeiert. Und zwar mit Stil. Erster Eindruck? Glitzernde Illuminationen, ein Hauch von Parfüm in der Luft und Menschen der verschiedensten Typen und Gestalten. Zwischen barocken Statuen und LED-Stelen mischen sich Berliner Hipster, Potsdamer Familien und neugierige Touristen aus aller Welt. Ihr Ziel: Eintauchen in die Magie der attraktiven Schlössernacht , die es nun schon zum 26. Mal gibt. Gleich zu Beginn zieht es viele zum Ehrenhof des 1745 bis 1747 durch Preußenkönig Friedrich II. als Sommerresidenz erbauten Rokoko-Schlosses Sanssouci.


Dort zeigen The Funky Monkeys aus Berlin ihre mitreißenden, energiegeladenen Künste: Akrobatik, Streetdance inkl. Breakdance und Comedy. Wie die meisten Performer treten sie mehrfach am Abend auf. So auch gleich nebenan der aus dem TV bekannte „Let’s Dance“-Star Christian Polanc, der von einem Podest aus ruft: „Potsdam, seid ihr bereit?“ – Die Menge johlt, und plötzlich tanzen Hunderte Menschen synchron zu einem Jazzbeat, als hätten sie bisher nichts anderes getan. Nun gut, nicht alle sind so flott auf den Beinen, aber man bemüht sich.

Auf der westlichen Terrasse vor dem Schloss Sanssouci ist ein Profi-Fechter einfühlsam dabei, Kinder mit dem Historischen Theaterfechten vertraut zu machen. Östlich davon brilliert die internationale Stelzen-Tanz-Truppe „Danzankó“. Immer wieder gibt es Beifall, da sie den Platz mit poesivoller Performance füllen und die einzigartige Sprache des Stelzentanzes mit dem Publikum teilen. Die Schlossterrasse gestattet auch einen wunderbaren Weitblick über den Weinberg und die Große Fontäne zur Stadt Potsdam, die einem von hier oben gleichsam zu Füßen liegt. Und wenn es dunkel wird, erstrahlt das erleuchtete Häusermeer in fantastischem Glanz.

Vorbei an der Historischen Mühle, an der allerdings zur Zeit gebaut wird, gelangt man auf die langgestreckte Maulbeerallee. Während der Schlössernacht. Ist sie mit ihren zahlreichen Ständen und Buden der zentrale Anlaufpunkt für hungrige und durstige Seelen. Das breite Angebot reicht von regionalen Gerichten über veganes Streetfood bis zu internationalen Spezialitäten, ergänzt durch Wein und Bier sowie süße Desserts. Schön, dass es hier auch Sitzgelegenheiten zum Verweilen gibt. Auf der Maulbeerallee hat sich zudem ein stattlicher Pflanzen- und Kunstmarkt etabliert.

Weiter geht’s zum imposanten, prächtig illuminierten Orangerieschloss. Dort präsentiert „Kaleidolux“ in der westlichen Pflanzenhalle seine einzigartige Kombination von Sandmalerei, Schatten- und Schauspiel. Und auf den Jubiläumsterrassen spielt die Weltmusik-Band „Tribubu“ fesselnde und aufregende Rumba-Afro-Folk-Rhythmen. Dieses Quartett macht es unmöglich, nicht zu tanzen.

Am Rondell unterhalb des Orangerieschlosses begeistert die durch ganz Europa tourende Straßenkünstler-Compagnie „Les Palades Perdues“ mit Akrobatik, Jonglage und Objekthandling vom Feinsten. Ein Stück weiter an der Hauptallee zeigen asiatische Künstlerinnen unter dem Motto „Dance With Us“ ihre manchmal gefühlvollen, manchmal mitreißenden exotischen Tänze. Ganz in der Nähe sind Leuchtstelen und „Sprechende Bäume“ zu bestaunen, wobei die bekannt-markanten Stimmen von Anna Thalbach und Max Moor zu hören sind.

Natürlich ist auch das am westlichen Ende der Hauptachse gelegene riesige „Neue Palais“ mit Umgebung in das Programm einbezogen. So zeigen „UliK Robotic – PasDeDeux“ sensationell gute Tanzperformance mit Mensch und Roboter. Im kleinen Heckentheater gibt’s musikalische Darbietungen. Das eigentliche Highlight ist freilich, wenn um 21:45 Uhr und 23:00 Uhr die gesamte Fassade des Schlosses mit farbenprächtiger Lichtkunst bespielt wird. Immer wieder „Ahs“ und „Ohs“ sowie gezückte Kameras und Handys für Erinnerungen zu Hause.

Als die Füße langsam müde werden, der Geist aber noch wach ist, lockt viele eine Buchlesung auf die Wiese an der Meierei. Dort liest der Schauspieler Benno Fürmann zweimal aus dem 1925 erstmals erschienenen Roman „Der große Gatsby“ des US-amerikanischen Autors F. Scott Fitzgerald. Begleitet wird Fürmann von der international erfolgreichen Sängerin Lisa Bassenge und der Nikko-Weidemann-Band. Nicht weit davon entfernt lockt wieder einmal das in Gold glänzende „Chinesische Haus“ zu einem Abstecher. Man kann nach kurzem Anstehen sogar hinein, um sich am asiatischen Interieur mit zwei Ausstellungsräumen (Möbel und Porzellan) zu erfreuen.

Als Krönung des Abends gibt es zweimal die Attraktion „100 fliegende, steuerbare LED-Lichter“, die in luftiger Höhe über dem Schloss Friedrich des Großen tanzen – ein echtes Drohnenballett, natürlich musikalisch begleitet. Schöpfer ist der Berliner Musiker und Medienkünstler Lukas Taido (51). Am besten zu sehen ist die – bewußt alternativ zu den früheren Feuerwerken konzipierte – spektakuläre Drohnen-Show vom Areal an der Großen Fontäne aus. Hier einige Beispiele: Auf einer historischen Traversflöte werden Melodien aus „Das Musikalische Opfer“ von Johann Sebastian Bach gespielt, das der Komponist dem preußischen König Friedrich II. gewidmet hat. Gezeigt wird auch ein typisches Porträt von Voltaire, der ja über 40 Jahre mit Friedrich den Großen verbunden war. Neben etlichen abstrakten Bildern ist ferner ein schwungvoller Barock-Tanz eines Drohnen-Paares zu erleben, genau zum diesjährigen Motto „Potsdam tanzt!“ passend.

Es fällt gar nicht leicht, den faszinierenden, märchenhaften Schlosspark Sanssouci, der bis eine halbe Stunde nach Mitternacht geöffnet ist, ohne Wehmut zu verlassen. Zu schön, zu erlebnisreich war das Ganze in den zurückliegenden sieben Stunden. Schon darf man sich auf den Sommer 2026 freuen. Zum Gück wird es auch dann wieder die traditionsreiche „Potsdamer Schlössernacht“ geben. Vielleicht noch prickelnder und innovativer…
Text und Fotos (10): Manfred Weghenkel, Titelbild + 2 Illustrationen: KI generiert






























Spannend einmal aus erster Hand zu erfahren, wer ihn unter welchen Bedingungen gebaut hat. Dieser Frage widmet sich nun ein Buch aus der Feder des damaligen Oberbauleiters Jürgen Ledderboge. Der inzwischen 88-jährige aus Sachsen stammende Baufachmann schildert in dieser verdienstvollen Publikation mit dem Titel „Friedrichstadtpalast – vom Neubau zum Denkmal“ als Insider und Zeitzeuge wesentliche Etappen in der Historie des legendären Revue- und Showtheaters. Das Buch mit 200 Seiten und zahlreichen Abbildungen wird im März 2025 im Passage-Verlag Leipzig erscheinen, kann aber schon jetzt dort bestellt werden.




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