Manfred Weghenkel
Blickfang und Hauptanziehungspunkt im Branitzer Park: das für August Heinrich Graf von Pückler 1770/71 errichtete Barockschloss. Foto: Manfred Weghenkel
Als ich unlängst einem Bekannten erzählte, von Berlin aus einen Tagesausflug zum Fürst-Pückler-Landschaftspark nach Branitz und in die nahegelegene Niederlausitz-Metropole Cottbus zu planen, schwärmte der sofort von dem aus drei Eissorten bestehenden leckeren Fürst-Pückler-Eis und vom Zungenbrecher-Spruch „Der Cottbuser Postkutscher kutscht den Cottbuser Postkutschkasten". Beides fällt - wie sich herausstellte - vielen Leuten zuerst ein, wenn es um Hermann Fürst von Pückler-Muskau und die zweitgrößte brandenburgische Stadt Cottbus geht. Doch beides macht natürlich längst nicht die touristische Vielfalt und Bandbreite dieser märkischen Region aus. Gerade jetzt in Corona-Zeiten. da „Heimaturlaub" und Inlandsreisen zu Recht hoch im Kurs stehen, lohnt sich (zumindest) eine Tagestour, die Branitz und Cottbus kombiniert, auf jeden Fall.
Hier beginnt das mehr als 100 Hektar große beeindruckende Gartenreich von Branitz.
Als „Eingangstor" für Parkbesucher gelten Besucherzentrum / Erlebniswelt im einstigen Gutshof.Kommt man in die grüne Oase von Branitz, wo derzeit natürlich die üblichen coronabedingten Abstands- und Hygieneregeln gelten, sollte der erste Weg zum Besucherzentrum / Museumsladen im rekonstruierten ehemaligen Gutshof führen. Dort kann man (der Parkbesuch selbst ist kostenfrei!) Eintrittskarten für die Museen, Veranstaltungen und andere Angebote erwerben und sich informieren. Zudem gibt es in dieser Erlebniswelt immer wieder interessante Vorträge und die sehenswerte Multimedia-Ausstellung „Fürst Pücklers Welt - Lebenskunst und Landschaftskunst".
Ein Fürst-Pückler-Aufsteller im Zentrum von Cottbus, mit dem die Stadt den berühmten Lausitzer ehrt.
Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785 - 1871) war ein bedeutender preußischer Landschaftsgestalter, Schriftsteller, Weltreisender und Visionär des 19. Jahrhunderts. Nachdem er sich mit seinem ersten Adelssitz - Park und Schloss Muskau in der Oberlausitz - wirtschaftlich übernommen hatte, verkaufte er 1845 dieses Anwesen und siedelte auf sein Erbschloss Branitz bei Cottbus um. Im Alter von 60 Jahren begann er dort bis in die 1850er Jahre hinein, rund um das unter Einfluss von Gottfried Semper modernisierte Barockschloss einen neuen Landschaftsgarten nach englischem Vorbild anzulegen. Eben jenen bis heute national und international renommierten Fürst-Pückler-Park Branitz, der zum „Meisterwerk" des „Grünen Fürsten" wurde, wie er selbst bekundete. Es gibt Bemühungen, diese großartige Schöpfung in das UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen.
Das Kavalierhaus, wo einst adlige Gäste des Fürsten abstiegen - heute Restaurant und Hotel.
Beliebt sind bei schönem Wetter auch gemütliche Kutschfahrten durch den ausgedehnten Park.
Vom „Eingangstor" aus eröffnet sich der weitläufige, über 100 Hektar große Fürst-Pückler-Park mit seinen faszinierenden Gebäuden, Seen, Wasserläufen und Grünanlagen. Mit den Außenbereichen umfasst das Areal sogar rund 600 Hektar. Schon bald erreicht man das im englischen Tudorstil errichtete Kavalierhaus - früher Gästeunterkunft des Fürsten. Liebevoll saniert, beherbergt es heute das Restaurant und die Pension „Cavalierhaus" im gehobenen Segment.
Eines der Wandreliefs im Pergolagarten.
Die Büste der Operndiva Henriette Sontag.Am Weg zum Schloss liegt der ebenfalls im Tudorstil erbaute Marstall, wo die edlen Pferde des Fürsten untergebracht waren. Im Marstall laden heutzutage wechselnde Sonderausstellungen ein. 75 Jahre nach Kriegsende wird hier noch bis Ende September die Ausstellung „Branitz 1945" gezeigt, die auf das Pückler-Erbe in den frühen Nachkriegsjahren zurückblickt.
Blick aus dem zum „Pleasureground" gehörenden Pergolagarten auf das Mitte des 19. Jahrhunderts noch einmal umgebaute spätbarocke Fürst-Pückler-Schloss.Als Mittelpunkt der ab 1846 von Fürst Pückler nach eigenen Worten bei Cottbus geschaffenen "künstlerischen Oase in einer Wüste" ist natürlich das Barockschloss Branitz bis heute als Museum ein besonderer Anziehungspunkt im Parkensemble. Die Besucher erhalten Einblick in die bunte, exaltierte, facettenreiche Lebenswelt des Fürsten. Gezeigt werden Reiseandenken, Kunstsammlungen, opulente Stoffe, farbenprächtige Wandfassungen, eine große Bibliothek. Und immer wieder wechseln reizvolle Ausblicke in den rundum gepflegten Park. An der Rückseite des Schlosses liegt ein schöner See; im Garten daneben glänzt in einer offenen Rundlaube die vergoldete Büste der weltbekannten Opernsängerin Henriette Sontag, mit der Pückler 1828 in London eine Affäre hatte.
Die Landpyramide. Betreten verboten! Absturz- und Erosionsgefahr!
Die Seepyramide mit den sterblichen Überresten von Fürst Pückler und Gemahlin Lucie.Überaus populär ist der Branitzer Landschaftspark nicht zuletzt wegen der beiden grün bewachsenen Pyramiden, die Fürst Pückler - angeregt durch Orientreisen - nach ägyptischem Vorbild errichten ließ. Es sollen die in Europa einzigen Bauwerke dieser Art sein. Und es gibt wohl kaum einen Besucher, der nicht dorthin pilgert, obgleich sich der Fußweg zum Beispiel vom Schloss aus ziemlich hinzieht. Aber einmal dort angekommen, ist man überwältigt. Links erhebt sich auf einem künstlichen Hügel die 1860 bis 1863 aus dem Aushub der umliegenden Seen modellierte Landpyramide, während auf der rechten Seite mitten im Wasser die imposante Seepyramide (Tumulus), in der Fürst Pückler 1871 beigesetzt wurde, aufragt. Seit 1884 liegt hier auch Pücklers Frau Lucie begraben, da sie vom alten Branitzer Dorffriedhof hierher umgebettet wurde.
Beim Wanden um die faszinierende Seepyramide herum eröffnen sich immer neue Stimmungsbilder.
Wer aufmerksam durch den Park mit seinen rund 15 000 Bäumen schlendert, wird schnell bemerken, dass dieses denkmalgeschützte grüne Paradies durch den Klimawandel bereits gelitten hat und ziemlich gefährdet bleibt. Da entdeckt man in den Wipfeln so mancher uralter Baumriesen wie Eichen und Buchen viele kahle Äste, die bei starkem Wind oder Sturm einfach abbrechen und herunterfallen können. Da sieht man bei genauem Hinsehen an gelockerten Baumrinden den berüchtigten Borkenkäferbefall. Oder man schaut auf bereits ausgetrocknete Wasserläufe und wundert sich gar nicht, dass dicke blaue Bewässerungsschläuche und Beregnungsanlagen im Einsatz sind. Das Wasser dafür kommt aus der nahen Spree, wobei in Hitzeperioden hier freilich Limite gesetzt sind.
Milde Winter, heiße Sommer - also der fortschreitende Klimawandel mit Trockenheit und Schädlingsbefall stellen für die Parkmanager große Herausforderungen dar. Wer sich näher dafür interessiert, dem sei die aktuelle Reportage „Gartenparadiese in Gefahr - Historische Parks im Klimawandel" empfohlen, die das rbb-Fernsehen am 25. August ausstrahlte und in der Mediathek abgerufen werden kann. Übrigens, neben der Branitzer Anlage sind darin auch die bekannten Potsdamer Landschaftsparks von Sanssouci und Babelsberg einbezogen.
Der Altmarkt ist die „gute Stube" von Cottbus, wo man auch gut und abwechslungsreich essen kann.
Nach entspannendem Aufenthalt, verbunden mit quasi pyramidalen Eindrücken, im Pückler-Kleinod Branitz soll es nun in die gar nicht weit entfernte Innenstadt von Cottbus gehen. Die mitunter etwas unterschätzte Niederlausitz-Metropole (niedersorbisch Chóśebuz) - anno 1156 erstmals urkundlich erwähnt - zählt mit ihren rund 100.000 Einwohnern touristisch zwar nicht zu den führenden deutschen Städtereisezielen, bietet den Besuchern dennoch viel Sehenswertes und sogar auch allerhand Überraschendes.
Größte Kirche der Lausitz-Stadt ist die Oberkirche St. Nikolai (mit Turmaussicht) gleich hinter dem Altmarkt.
Zu den wunderschön restaurierten Giebelhäusern am Altmarkt neben dem Marktbrunnen gehört auch das des heutigen Apothekenmuseums.Auf jeden Fall sollte man eine Altstadttour vorsehen, die nur etwa zwei Kilometer lang und damit gut zu Fuß zu bewältigen ist. Ausgangspunkt ist in der Regel der gepflegte, denkmalgeschützte Altmarkt mit dem Marktbrunnen und schön restaurierten Häusern. Dazu gehört das in der früheren Löwen-Apotheke, ein Gebäude mit Staffelgiebel, untergebrachte Brandenburgische Apothekenmuseum, das historische Apothekeneinrichtungen seit 1850 zeigt sowie Kräuter und Tee verkauft. Weitere interessante Cottbuser Museen: das Wendische Museum, das Stadtmuseum, das Kunstmuseum Dieselkraftwerk und das Flugplatzmuseum. Auch das Raumflugplanetarium „Juri Gagarin" am Lindenplatz lohnt einen Besuch.
Romantischer Winkel an der alten Stadtmauer mit der Lindenpforte.
Am Mühlengraben, wo die ältesten Häuser von Cottbus stehen.Sehenswert sind ferner die Reste der mittelalterlichen Stadtmauer mit Türmen, Toren und Wiekhäusern. Herausragend dabei der aus dem 15. Jahrhundert stammende Münzturm und der 31 Meter hohe Spremberger Turm sowie die Lindenpforte (1879) - ein Stadttor zwischen Altstadt und Neustadt. Am Mühlengraben stehen als älteste Cottbuser Gebäude die Loh- und Weißgerberhäuser, die drei Bauepochen zwischen 1727 bis 1860 verkörpern. Von den Sakralbauten seien die dreischiffige Oberkirche St. Nikolai (14. Jahrhundert) mit dem 55 Meter hohen Kirchturm, die Schlosskirche (1419) und die Klosterkirche, auch „Wendische Kirche" genannt, besonders erwähnt. Cottbuser Industriekultur vom Feinsten stellt das imposante Baudenkmal „Altes E-Werk" (1903) dar, das zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaut wurde.
Rund um das Alte Elektrizitätswerk von 1903 gegenüber dem Mühlengraben ist denkmalgeschützte Industriekultur zu bewundern.Etwas außerhalb des Zentrums liegen zwei weitere architektonische Highlights von Cottbus aus unterschiedlichen Bauepochen. Zum einen ist es der gewaltige Jugendstilbau des Staatstheaters aus dem Jahre 1908 am Schillerplatz - übrigens das einzige staatliche Theater im Land Brandenburg. Es präsentiert Schauspiel, Musiktheater und Ballett. Und dann gibt es den 2005 eröffneten spektakulären Neubau der Uni-Bibliothek am Zentralcampus. Das von Schweizer Architekten entworfene 32 Meter hohe Bauwerk besticht durch seine gekurvten Formen und die Glasfassade, auf der das sogenannte Weltalphabet gepixelt wurde. Dieses schon von weitem erkennbare eindrucksvolle Gebäude am Platz der Deutschen Einheit zieht viele Architekturfans aus aller Welt an und ist das moderne Wahrzeichen von Cottbus geworden.
Reizvolle Cottbuser architektonische Kontraste: das historische Jugendstil-Theater von 1908...
...und die futuristisch kurvige TU-Bibliothek - ein modernes Aushängeschild der Lausitz.
Ach so - der eingangs erwähnte Cottbuser Postkutscher! Geboren wurde er als Motiv für gedruckte Cottbuser Bildpostkarten in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Daraufhin entwickelte er sich schnell zum zünftigen Stadtoriginal. Seit 2006 hat die bekannteste Symbolfigur der brandenburgischen Großstadt sogar ein Bronzedenkmal an der Lindenpforte; und sehr unterhaltsam sind abendliche Altstadtführungen mit einem Postillon-Darsteller in historischem Gewand.
Text und Fotos (20): Manfred Weghenkel
Weitere Informationen:
Stiftung Fürst-Pückler-Museum
Park und Schloss Branitz
Robinienweg 5
03043 Cottbus
www.pueckler-museum.de
Stadtverwaltung Cottbus / Chóśebuz
Neumarkt 5
03046 Cottbus
www.cottbus.de
www.cottbus-tourismus.de