Finale im schönsten Frühlingspark der Welt
Daniel Marschner
Lisse (Holland), 02. Mai 2022. Es ist eine Blumenshow der Superlative, auf die man zwei Jahre lang verzichten musste. Doch 2022 kann sie endlich wieder bestaunt werden: die farbenfrohe Tulpenpracht im laut Eigenbeschreibung „schönsten Frühlingspark der Welt“. Die Rede ist natürlich vom 32 Hektar großen Keukenhof im niederländischen Lisse, der seine Besucher noch bis zum 15. Mai willkommen heißt. Und auch der weltberühmte Blumenkorso fand am 23. April wieder statt, zum bereits 73. Mal in 75 Jahren. Wie immer ließ sich beides wunderbar miteinander verbinden, denn die Straße vor dem Keukenhof ist einer der besten Orte, um die Parade mit ihren einzigartigen Blumenkunstwerken zu verfolgen, und der Park selbst steht Mitte April in voller Blüte.
1,5 Millionen Besucher hatte der Keukenhof bei seiner letzten Öffnung vor drei Jahren, 80 Prozent davon kamen aus dem Ausland. Auch dieses Jahr werden bis zu 1 Million Blumenliebhaber erwartet, die sich auf den insgesamt 15 Kilometer langen, stets sauberen Wanderwegen an den satten Farben der 7 Millionen Pflanzen erfreuen wollen. Insgesamt 1 600 Blumenzwiebelarten wurden für die Schau angebaut, darunter 800 Tulpenarten und zahlreiche Narzissen, Hyazinthen, Orchideen und Krokusse. Bestaunt werden können die farbenfrohen und duftenden Arrangements dabei nicht nur auf den vielen Wiesen, sondern auch in mehreren großen Pavillons mit Blumen-Shows und thematischen Ausstellungen. Der beliebteste Platz zum Entspannen ist sicherlich die Wiese vor der großen Windmühle, die sich seit 1957 im Park befindet.
Die Mühle selbst ist kostenlos zugänglich und bietet von oben freie Sicht auf die externen Blumenzwiebelfelder. Direkt darunter befindet sich die Anlegestelle der sogenannten „Flüsterboote“, die mehrmals am Tag mit geräuschlosen, elektrisch angetriebenen Motoren zwischen den Feldern rund um den Keukenhof fahren. Während der 45-minütigen Tour erfahren die Passagiere interessante Fakten aus der Geschichte des Tulpenanbaus. Für gute Stimmung sorgen im Keukenhof unter anderem auch eine Musikkapelle und ein Streichelzoo. Wissenswert ist noch, dass im gesamten Park kein Bargeld akzeptiert wird und nur am Tag des Blumenkorsos der Wiedereinlass gestattet ist.
Für den Besuch im nächsten Jahr empfehle ich, den Keukenhof ungefähr 45 bis 60 min vor Beginn der Parade zu verlassen, um noch einen brauchbaren Platz am Straßenrand zu ergattern. Kleiner Tip: Die beste Sicht hat man von der Wiesenseite der Straße aus, denn diese ist erhöht und bietet somit einen guten Gesamtüberblick. Insgesamt sollte man für den Blumenkorso rund 2 Stunden Zeit einplanen. Die Moderation erfolgt unter anderem auch in deutscher Sprache. In diesem Jahr bestand die Parade aus 16 Hauptwagen, die von 3.500 freiwilligen ehrenamtlichen Helfern gestaltet wurden. Begleitet wurden diese Wagen von mehreren Musikkapellen und zahlreichen geschmückten Luxus- und Sonderautos, die zum Teil von Sponsoren stammten. Kommerziell wurde es auch, als den Besuchern zwischendurch der Kauf von Stroopwaffel-Tüten angeboten wurde. Ebenso konnte man Programmhefte erwerben und somit den gemeinnützigen Verein unterstützen, der die Parade ausrichtet.
Wer den Keukenhof am Tag des Blumenkorsos besuchen möchte, sollte die Karten für den Park unbedingt rechtzeitig im Vorfeld kaufen. Zumindest in diesem Jahr war der Andrang nämlich so groß, dass am 23. April selber keine Tickets mehr erhältlich waren. Generell empfiehlt es sich für jeden Besuch, Kombi-Tickets zu erwerben, bei denen die Hin- und Rückfahrt gleich mit enthalten ist. Von Amsterdam aus fahren zwei Shuttle-Busse ohne Zwischenhalt zum Keukenhof: die Linie 852 vom Messe- und Kongresszentrum RAI und die Linie 858 vom Flughafen Schiphol. Für Amsterdam-Besucher ist es taktisch klüger, die Linie 852 zu nehmen, auch wenn diese 4 Euro teurer ist. Denn anders als der Flughafen befindet sich das RAI in Amsterdam und ist somit im Rahmen des ÖPNV erreichbar - ein Vorteil gerade für Leute mit Mehrtageskarten, denn bei denen nimmt der Preis pro Tag stetig ab, je länger die Gültigkeitsdauer ist.
Der Flughafen Schiphol dagegen befindet sich außerhalb des Amsterdamer ÖPNV und verursacht Zusatzkosten für den Zug oder den Airport-Express-Bus 397. Nicht zu unterschätzen ist auch der Andrang, der am Flughafen mutmaßlich größer ist als am Kongresszentrum RAI. Nicht ohne Grund ist auf den Tickets für die Shuttle-Busse zum Keukenhof der Hinweis vermerkt, dass auch alle Busse genutzt werden können, die 60 Minuten vor und 60 Minuten nach dem gewählten Zeitfenster abfahren. Gerade am Flughafen Schiphol wird die Warteschlange nämlich schnell über 300 Meter lang, zumindest war das dieses Jahr am Tag des Blumenkorsos der Fall. Hier ist es ratsam, schon gegen 09:30 Uhr da zu sein, denn ab 10 Uhr wurde es deutlich voller, sodass die Wartezeit zwischen 45 und 60 Minuten betrug. Bei mir war es leider auch so, dass die Busse zunächst planmäßig alle 10 Minuten fuhren, dann aber - als ich endlich ganz vorne in der Schlange stand - für 50 Minuten gar kein Bus mehr kam. Über die Gründe dafür kann ich nur spekulieren, denn eine Information seitens der Servicemitarbeiter gab es nicht. Und der Bus, der schließlich unter dem tosenden Applaus der wartenden Menge ankam, fuhr auch nicht wie angekündigt 25 Minuten, sondern 60 Minuten! 25 Minuten waren es nur bei der Rückfahrt. Aus diesen drei Gründen (Warteschlange, Bus-Ausfall und eventuell längere Fahrzeit) würde ich jedem raten, eine möglichst frühe Abfahrtszeit zu wählen.
Die ganzen Verzögerungen können nämlich viel Zeit kosten, die dann am Ende fehlt - gerade, wenn der Besuch im Keukenhof auch noch vom Blumenkorso unterbrochen werden soll. Die Shuttle-Busse selbst werden von einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn betrieben (Arriva) und sind entweder Reisebusse oder normale ÖPNV-Linienbusse. Was mir unangenehm auffiel: Obwohl das Corona-Virus immer noch präsent ist, wurden so viele Leute in den Bus hineingelassen, dass die Türen gerade noch irgendwie zugingen. Öffenbare Fenster gab es keine. Auch wenn in Holland alle Corona-Regeln aufgehoben sind und somit keine Maskenpflicht gilt, wirkte es doch sehr befremdlich, dass so gut wie niemand zumindest freiwillig eine Maske trug. Eine Beobachtung, die ich auch in der Warteschlange, im Keukenhof und während des Blumenkorsos gemacht habe. Bezogen auf die Busse wäre es wohl besser gewesen, wenn sich die Anzahl der Passagiere nach der Anzahl der Sitzplätze gerichtet hätte.
Text und Fotos (8): Daniel Marschner
www.keukenhof.nl/de
Der Bustourismus weiter im Aufwärtsgang - aber auch am Scheideweg
Manfred Weghenkel
Das ABACUS Tierparkhotel Berlin, wo der Medientreff zum Bustourismus stattfand, wird gerne von Reiseveranstaltern angesteuert. Foto: Manfred WeghenkelBerlin, im Juli 2019. Die Reisebusse auf unseren Autobahnen sind bunter geworden. Zwar dominieren noch immer die recht umwetfreundlich wirkenden grünen Karossen des in München und Berlin ansässigen absoluten Marktführers FlixBus, doch neuerdings rollen auch trikolorengerecht blau-weiß-rot lackierte Fernbusse des französischen Anbieters BlaBlaBus und pinkfarbene Fahrzeuge des Kölner Start-ups Pinkbus über die Straßen. Der scharfe Wettbewerb um die Gunst der Reisenden - insonderheit über den Fahrpreis - ist erfreulicherweise nach wie vor im Gange. Das war freilich nur ein Aspekt des gelungenen Medientreffs, den die Reisejournalisten-Vereinigung CTOUR und der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) Anfang Juli im ABACUS Tierparkhotel Berlin gemeinsam veranstalteten. Schon das Motto „Zwischen Aufbruchsstimmung und bürokratischen Bremsklötzen: Bustourismus am Scheideweg“ ließ erkennen, dass hier zu Beginn der Reisesaison durchaus harte Themen auf der Agenda standen.
Anja Ludwig vom bdo und Patrick Kurth von FlixBus (r.) mit dem Autor dieser Zeilen Manfred Weghenkel von CTOUR. Foto: Peter ThieleDer bdo ist der Dachverband der deutschen Busbranche und vertritt gegenüber Politik und Öffentlichkeit auf nationaler und internationaler Ebene - hier gemeinsam mit der International Road Transport Union (IRU) - die Interessen von rund 3.000 privaten und mittelständischen Unternehmen aus den Bereichen Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienbus. Unter dem Dach des bdo arbeiten In Deutschland 14 Landesverbände.
Für den Verband präsentierten die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Anja Ludwig, die Referentin Touristik und Statistik Nina Jaschke und Christian Wahl, Referent Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, interessante Zahlen, Daten und Fakten zu Busreisen und aktuelle Trends im Markt. Auch sprachen sie über die Busbranche betreffende aktuelle politische Entwicklungen in Deutschland und Europa.
Gleichsam als "Stimme des Mittelstandes" sagte Christian Wahl: "Die private Busbranche in Deutschland besteht zum Großteil aus kleineren und mittleren Unternehmen, die oftmals schon über Generationen hinweg in Familienhand liegen. Als Mittelstand genießen die Mitglieder in Sonntagsreden hohes Ansehen. Aber nicht unbedingt bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen. So wird der Mittelstand im Verkehrsgewerbe durch bürokratische Hürden etwa im grenzüberschreitenden Verkehr oder Anforderungen wie die in der EU geltende neue Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) unverhältnismäßig stark belastet." Gleiches gelte für den tiefgreifenden Wandel durch die Digitalisierung der Geschäftsprozesse und eine "Antriebswende" bei den Fahrzeugen.
Der ABACUS-Konferenzsalon "Eagle" bot den passenden Rahmen für den gut besuchten Medientreff. Foto: Manfred WeghenkelAuf den Titel des Medientreffs "Bustourismus am Scheideweg" näher eingehend, erklärte Christian Wahl: "Die Fahrzeugtechnik hat sich in den zurückliegenden 25 Jahren dramatisch weiterentwickelt. Hinsichtlich Sicherheit und Umweltbilanz beispielsweise gab es Quantensprünge. Dennoch wird oft noch falsch von 'Dieselstinkern' und hohen Unfallgefahren geschrieben." Der bdo-Vertreter verwies auch auf die 2013 begonnene Fernbusliberalisierung, durch die völlig neue Fahrgastgruppen gewonnen werden konnten. Die Mobilität der Menschen verändere sich derzeit grundlegend - unter anderem durch neue Antriebstechnologien und digitale Möglichkeiten. Das Fazit Wahls: "Der Bus kann als umweltfreundlicher und flexibler Verkehrsträger eine wichtige Rolle im Mobilitäts-Mix spielen. Aber trotzdem wachsen die bürokratischen Hürden für Busunternehmen. In der Politik genießen Mittelstand und Bustourismus keine Priorität."
Angesichts einiger schwerer Busunfälle in letzter Zeit waren die Tourismusjournalisten natürlich auch gespannt darauf, wie der bdo die "Sicherheitslage" einschätze. Dazu Christian Wahl: "Der Bus ist das sicherste Straßenverkehrsmittel. Die Wahrscheinlichkeit, in einem Bus durch Unfall verletzt zu werden, ist 14 Mal geringer als in einem Pkw. Für den TÜV Bus-Report 2018 wurden 15.000 Prüfungen ausgewertet. Die Quote der nicht verkehrssicheren Fahrzeuge lag bei 0,0 Prozent." Nun ja, bleibt zu hoffen, dass uns - den Fahrgästen - Unfälle mit Omnibussen erspart bleiben und wir - die Journalisten - keine Meldungen / Berichte über Busunfälle veröffentlichen müssen.
Touristik-Referentin Nina Jaschke bei ihrem mit vielen Grafiken angereicherten Vortrag. Foto: Manfred WeghenkelDie auch statistisch versierte Touristik-Referentin Nina Jaschke nannte einige aufschlussreiche Fakten: In Deutschland gibt es rund 4.200 Busunternehmen; davon sind rund 3.800 private Unternehmen. Im Liniennahverkehr sind 1.800 private Busunternehmen tätig, im Linienfernverkehr rund 60 und im Gelegenheitsverkehr etwa 3.600. Insgesamt wurden im Jahre 2017 rund 79 Millionen Fahrgäste im Gelegenheitsverkehr und 23 Millionen im Fernlinienverkehr befördert. Der Linienfernverkehr wird zu 80 Prozent touristisch genutzt, d. h. von den 23 Millionen Passagieren waren 18,4 Millionen Touristen und Urlauber. Anmerkung zum Begriff "Gelegenheitsverkehr": Er kommt aus dem Personenbeförderungsrecht und meint die Beförderung von Personen in Bussen und Pkw, die nicht im Linienverkehr erfolgt.
Weitere Eckdaten zum Bustourismus: Der jährliche Bruttoumsatz beträgt 14,3 Milliarden Euro. Für 238.000 Menschen bildet dieser Zweig die Existenzgrundlage, wobei ein Arbeitsplatz im Busunternehmen fünf zusätzliche Arbeitplätze in anderen Betrieben bedeutet. Zudem verwies Nina Jaschke darauf: "Bis zu 50 Prozent des bustouristischen Bruttoumsatzes bleiben in den Urlaubsregionen!"
Ausgehend von der bdo-Konjunkturumfrage 2019, beschrieb Nina Jaschke ausführlich die "Sorgen und Herausforderungen der Bustouristk", als da vor allem sind: ausufernde Bürokratrie(monster), drohende Dieselfahrverbote und Mautregelungen, Fahrermangel, Pauschalreiserichtlinie, Besteuerungsfragen, Einfahrtsgebühren oder -beschränkungen in europäischen Großstädten und Ballungszentren. Besonders verbreitet sei das in Italien. Frankreich erhebe horrende Parkgebühren. Und in Holland dürften Reisebusse nur noch bestimmte Straßen befahren.
Die bdo-Referentin erläuterte an Hand von Zahlen, dass der Fernbus bei Schadstoffemissionen und Verbrauch auf Bestwerte verweisen kann. Auch bei den Umweltkosten liege der Fernreisebus ganz vorne. Somit sei der Bustourismus klimafreundlich und nachhaltig und trage somit zur notwendigen Verkehrswende bei.
bdo-Pressemann Christian Wahl. Foto: Peter Thiele
bdo-Spitzenfrau Anja Ludwig. Foto: Peter ThieleZum Stichwort "ausufernde Bürokratie", die zu einem steigenden administrativen Aufwand führe, sagte sie: "Sowohl nationale, aber auch EU-weite Regelungen führen zu mehr 'Papierkram' und hintern den Unternehmer an seinem eigentlichen Kerngeschäft - Reiseerlebnisse zu kreieren und zu realisieren". Im Ergebnis führe das dazu, dass sich kleine Unternehmen auf wenige Auslandsdestinationen beschränken müssen, um den steigenden administrativen Aufwand händeln zu können. Oder sie müssten ihr Geschäft komplett aufgeben. Übrigens, die Zahl der privaten Busunternehmen sei aus verschiedensten Gründen zwischen 2000 und 2017 um rund 38 Prozent zurückgegangen.
Die stellvertretende bdo-Hauptgeschäftsführerin Anja Ludwig befasste sich in ihrem Statement ausführlich mit dem "EU Mobility Package", das von der EU-Kommission vor zwei Jahren mit umfangreichen Neuregelungen für den Straßenverkehr (Güter und Personen) vorgelegt wurde. Dazu gehören auch neue CO2-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge. Inzwischen habe das EU-Parlament auf Basis dieses Paketes drei quasi busfeindliche Beschlüsse gefasst: Zwangsmaut für Busse (ohne Belastung von Pkw) durch Eurovignette, praxisuntaugliche Lenk- und Ruhezeiten, Entscheidung gegen die Stärkung des Fernbusses. Anja Ludwig, erfahrene Rechtsanwältin, schilderte das langwierige zähe Ringen in Brüssel und Straßburg um busaffine Lösungen und betonte: "Die Verhandlungen im Rat und später im Trilog sind entscheidend für unsere Branche. Wir brauchen Kompromisse, welche die Besonderheiten des Bussektors berücksichtigen. Und zwar für die Fahrgäste, für die Fahrer und für unsere Unternehmen." Den Blick nach vorne gerichtet, erklärte die engagierte bdo-Repräsentantin: "Unsere Sisyphusarbeit geht weiter. Die Gemengelage in Europa ist und bleibt kompliziert. Sehr wichtig ist dabei das enge Zusammenwirken mit dem internationalen Verband IRU."
Auch die FlixBus-Manager Patrick Kurth, David Krebs und Fiete Starck (v.l.n.r.) debattierten mit. Foto: Manfred WeghenkelDie rege Diskussion im Anschluss an die informativen bdo-Präsentationen widerspiegelte das große Interesse der CTOURianer am Thema Busbranche und -touristik. So zollte Dr. Michael Krause, seit 1990 als Reiseleiter im Busgeschäft tätig, dem Spitzenverband bdo ein dickes Lob für die vielfältigen Aktivitäten und Anstrengungen zugunsten der Busbranche, die er generell als "flexibel und kreativ" einschätzte. Zugleich wünschte er sich noch stärkeren Einsatz, um die Arbeitsbedingungen für Busfahrer und Reiseleiter zu verbessern. Filmemacher Konrad Herrmann regte an, den Vergleich mit anderen Ländern für die hiesige Busbranche verstärkte nutzbar zu machen. Auch Verkehrsexperte Fred Hafner plädierte dafür und ermunterte den bdo, die Kooperation mit ausländischen Partnerverbänden zu intensivieren. Die relativ neuen CTOUR-Mitglieder Volker Neef und Wolfgang Kömpel entwickelten Gedanken, wie dem Fachkräftemangel, insbesondere bei Busfahrern, abgeholfen werden kann.
Eine der legeren Runden beim abschließenden Get-together. Foto: Peter ThielePatrick Kurth, Leiter Politik bei FlixBus, erläuterte unter dem Stichwort "Der Bus ist sexy" ein wenig die erfolgreiche Philosophie seines Unternehmens, das ja mit 95 Prozent Marktanteil bei Fernbusreisen ein ganz großer Player der Branche geworden ist. FlixBus stelle sich aber auch den aktuellen Herausforderungen, die durch neue Mitbewerber wie Bla-Bla-Bus (Frankreich) und Pinkbus (Köln) aufgekommen sind. Und schließlich erläuterte der Manager den der Umwelt zuliebe stattfindenden Wandel bei den Antriebstechniken: vom bereits spürbar verbesserten Dieselmotor (Schadstoffklasse Euro VI) über den Elektro- bzw. Hybridantrieb bis zur Wasserstoff-Technik. Kurth bedauerte, dass die deutschen Fahrzeughersteller bei praxistauglichen E-Reisebussen im Nachtrab seien, so dass FlixBus für seine 2018 gestarteten Erprobungslinien in Frankreich und Deutschland Elektrobusse aus China beziehen musste. Fiete Starck, ebenfalls FlixBus, ging auf die Nationale Tourismusstrategie der Bundesregierung ein und begrüßte, dass der bdo dazu klare Forderungen aus Sicht des Busbranche aufgestellt hat. FlixBus erwarte, den Fernbus als klimafreundliches Verkehrsmittel vor allem zur Anbindung der ländlichen Regionen angemessen zu berücksichtigen.
Fortgesetzt wurden die Kontakte und Gespräche bei einem lockeren und leckeren Get- together.
Schon jetzt vormerken: die nächste große Spezialmesse BUS2BUS im April 2021, auf der auch wieder die neuesten Busmodelle aus dem In- und Ausland gezeigt werden. Foto: Manfred Weghenkel
"Nächster Stop: Zukunft". Unter diesem Motto veranstalteten im März 2019 die Messe Berlin und der bdo zum zweiten Mal gemeinsam das große Bus-Event "BUS2BUS" als Fachmesse und Kongress. Über 100 Aussteller aus 13 Ländern, darunter namhafte Bushersteller und Komponentenanbieter, bedeuteten Teilnahmerekord und gewachsene internationale Anziehungskraft der alle zwei Jahre stattfindenden Leistungsschau der Busbranche. Der nächste Stop: Zukunft ist für den 13. bis 15. April 2021 terminiert.
Text und Fotos: Manfred Weghenkel (5), Peter Thiele (4)
Weitere Informationen:
Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) e. V. Reinhardtstraße 25 I 10117 Berlin
E-Mail: info@bdo.org.de I Web: www-bdo.org.de
Bahn und Bus - Partner oder Rivalen beim Reisen?
Auf dem Podium (v.l.n.r.): Dr. Heike van Hoorn, Michael Donath, Dr. Michael Peterson, Moderator Peter Neumann, André Schwämmlein, Christoph Gipp.Wenn Spitzenmanager von Bahn und Bus öffentlich aufeinander treffen - was so häufig nicht passiert - muss es nicht unbedingt zu einem Crash kommen. Das mit 60 Teilnehmern sehr gut besuchte Medienforum am 13. März, veranstaltet vom unabhängigen und freien TourismusDialog.Berlin, zum spannenden Thema "Bahn und Bus - Partner oder Rivalen beim Reisen?" jedenfalls fand trotz unterschiedlicher Interessenlagen in eher lockerer, entspannter Atmosphäre statt. Auf dem Podium im eleganten Hotel "Park Inn" am Berliner Alexanderplatz diskutierten FlixBus-Geschäftsführer André Schwämmlein und Dr. Michael Peterson, Marketingvorstand im Fernverkehr der DB AG, über Bilanz und Perspektiven des öffentlichen Fernlinienverkehrs. Mit von der Partie waren auch die Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums, Dr. Heike van Hoorn, der auf Mobilität spezialisierte Bundestagsabgeordnete Michael Donath (CDU) und Christoph Gipp, Geschäftsführer am renommierten IGES Institutes Berlin. Moderator Peter Neumann von der Berliner Zeitung nannte ihn "den Fachmann, den man anrufen muss, wenn es um übergreifende Infos, Trends und Einschätzungen im Fernbusgeschäft geht".
Christoph Gipp, IGES Institut Berlin.
Moderator Peter Neumann, Berliner Zeitung.
Zunächst ging es angesichts stagnierender bzw. 2017 sogar leicht rückläufiger Fahrgastzahlen um die Frage: Ist der Fernbusboom vorbei? Christoph Gipp dazu: "Ich glaube nicht. Wir haben seit vier-fünf Jahren ein sehr starkes Wachstum erlebt. Sicher hat sich der Markt inzwischen konsolidiert. Doch was die Zahl der Passagiere angeht, ist weiter mit einem moderaten Wachstum zu rechnen." Der Experte sieht darin sogar etwas Positives. "Denn wachsende Passagierzahlen führen zu einer besseren Auslastung der Fahrzeuge, was positiv für die Unternehmen ist, die ja den Busverkehr wirtschaftlich betreiben wollen."
Auf den gesamten Verkehrsmarkt eingehend, wies der IGES-Geschäftsführer darauf hin: "Der Marktführer heißt Auto." Nach dem privaten Pkw, der gut 80 Prozent Marktanteil habe, komme lange nichts. Es folgten die Bahn (Nah- und Fernverkehr), danach das Flugzeug. Erst dann komme der Fernbus, der ebenso wie die Bahn zum Bereich des zu fördernden öffentlichen Verkehrs gehöre. Das sei aber in einigen Kommunen und Ländern offenbar noch nicht angekommen. Auf jeden Fall habe es keine "Kannibalisierungswelle" Fernbus gegen Bahn gegeben.
Dr. Michael Peterson, DB AG.Mit diesem Gedanken konnte sich auch der DB-Repräsentant Dr. Michael Peterson anfreunden. Eindeutiger Hauptkonkurrent sowohl der Bahn als auch der Busbranche sei der individuelle Autoverkehr. Konsequenz: Dem Pkw sollten Marktanteile zugunsten der komfortablen und umweltfreundlichen Verkehrsträger Bahn und Bus entzogen werden. Die DB AG habe die Herausforderungen des liberalisierten Fernbusverkehrs angenommen und sich darauf eingestellt. "Wir haben stark daran gearbeitet, unsere Angebote attraktiver zu machen, mehr Verbindungen zu schaffen, die Takte zu verkürzen, neue, bessere ICE-Züge einzusetzen, Komfort und Service zu erhöhen, aber auch das Preisspektrum zu erweitern." Dr. Peterson verwies z. B. auf die neue Schnellstrecke Berlin - München mit einer Fahrzeit unter 4 Stunden und auf die Tatsache, dass alle ICE seit Jahresbeginn zu 100 Prozent mit Ökostrom fahren. Das Resümee des Bahnmanagers: "Wir haben seit Jahren steigende Fahrgastzahlen und steigende Umsätze."
André Schwämmlein, FllixBus.Überaus zufrieden mit der bisherigen Entwicklung zeigt sich auch FlixBus-Chef André Schwämmlein. Nach dem "Geheimnis" befragt, wie der ungewöhnlich Marktanteil von über 93 Prozent im Fernbusgeschäft erreicht werden konnte, sagte er - sicher nicht allumfassend: "Der Markt ist sehr schwierig und auch sehr anders als bisher im Verkehrssektor gewohnt. Vielleicht haben wir einen anderen Ansatz und andere Visionen. Wir sehen den Fernbus nicht nur national, sondern auch im größeren Rahmen der europäischen Verkehrsvernetzung." Ein wichtiger Erfolgsfaktor sei zweifellos die intensive Kooperation mit mittelständischen Busunternehmen. FlixBus betrachte seine zahlreichen Partner nicht nur als Subunternehmer, sondern als "Unternehmer an unserer Seite". Schwämmlein widersprach dem immer mal wieder - diesmal vom Moderator - zu hörenden Vorwurf, das Geschäftsmodell von FlixBus beruhe darauf, das Risiko zum großen Teil auf die mittelständischen Partner auszulagern. Der FlixBus-Mann: "Tatsache ist, dass wir uns stets auch das Risiko geteilt haben."
André Schwämmlein bilanzierte: "Bus und Bahn ist es gelungen, über 30 Millionen Menschen, die vor fünf Jahren noch nicht am öffentlichen Fernverkehr teilgenommen haben, für ihre Angebote zu gewinnen. Beide Verkehrsträger haben eine bessere Alternative zum privaten Auto geschaffen und dadurch den Markt erweitert." Nach dieser Bewertung nimmt es nicht wunder, wenn der Geschäftsführer von FlixBus das Verhältnis zur Bahn so einschätzt: "Als Mitbewerber müssen wir keine Freunde sein, aber wir arbeiten quasi an dem gleichen großen Ziel, mehr Menschen für den öffentlichen Verkehr zu begeistern."
Dr. Heike van Hoorn, Deutsches Verkehrsforum, und Michael Donath, MdB.Natürlich ging der FlixBus-Chef auch kurz auf die beiden jüngst verkündeten spektakulären Projekte seines Unternehmens ein: ab März mit dem "FlixTrain" selbst ins deutsche Bahngeschäft einzusteigen und Ende April in Frankreich den ersten, aus chinesischer Produktion (Marke Yutong) stammenden Elektro-Bus im Linienbetrieb über etwa 150 Kilometer zwischen Paris und Amiens zu erproben. Später sollen auch in Deutschland emissionsfreie E-Busse getestet werden. André Schwämmlein: "Wir wollen damit innovative Akzente setzen - sowohl für den E-Bus als auch für die Busbranche." Das solle auch optisch erkennbar sein, denn der neue E-Bus werde "noch etwas grüner" als die bekannten FlixBusse. Ein weiterer Bus-Frühling scheint nun wirklich anzurollen...
Großes Interesse am Thema Mobilität: Das Medienforum war recht ordentlich besucht.Der aus Baden-Württemberg stammende Parlamentarier Michael Donath bezeichnete die Entwicklung des Fernbussektors als "großen Erfolg für die Mobilität in unserem Land". Angesichts dessen, dass es gelungen sei, mehr Menschen für den Bus zu gewinnen, schätzte er ein: "Ein Drittel der Fernbus-Fahrgäste kommen vom Auto, ein Drittel von der Bahn und ein Drittel sind Neukunden - also Menschen, die aus verschiedensten Gründen bisher gar nicht reisten." Und die Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums Dr. Heike van Hoorn bekräftigte: "Die Marktöffnung war richtig und wichtig. Mit dem Fernbus ist ein weiteres Verkehrsmittel hinzu gekommen, das attraktiv, bequem und ökologisch nachhaltig ist. Genau darin liegen auch seine Zukunftschancen."
Text und Fotos (7) : Manfred Weghenkel
K u l t u r
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