Manfred Weghenkel
Die Halle 1 gegenüber dem Haupteingang des egaparks gehört aufgrund der attraktiven Ausstellungen und Präsentationen zu den zahlreichen Publikumsmagneten der Buga 2021 in Erfurt. Foto: Manfred WeghenkelDie vom heiligen Bonifatius, dem „Apostel der Deutschen", um 742 gegründete Thüringer Stadt Erfurt hat im Laufe der Jahrhunderte viele Regenten gehabt. In diesem Jahr führt hier noch bis 10. Oktober die im Zweijahresturnus stattfindende etablierte Bundesgartenschau (Buga) im übertragenen Sinne das Zepter. Nach dem wegen Corona ziemlich schwierigen Start im April und Mai strömen jedoch seit Juni aufgrund der Lockerungen die Besucher aus nah und fern in die traditionsreiche Blumenstadt mit 1.000jähriger Gartenbaukultur und heutige thüringische Landesmetropole. Zu Recht, denn der dort allenthalben waltende Blumen- und Blütenzauber ist auf jeden Fall eine Reise wert. In die Buga-Infrastruktur wurden immerhin 185 Millionen Euro investiert. Das kam dem an der Peripherie gelegenen, seit 60 Jahren bestehenden egapark als Hauptstandort, dem neu erschlossenen Ausstellungsareal auf der früheren Festung Petersberg im Zentrum und einigen anderen Bereichen der rund 215.000 Einwohner zählenden Stadt am Flüsschen Gera sichtbar zugute. Dazu gehört ein neu angelegter vier Kilometer langer Landschaftspark im Erfurter Norden.
Eine Frau mit Power und Fortune: Kathrin Weiß, Geschäftsführerin der Bundesgartenschau Erfurt 2021 GmbH. Foto: Manfred Weghenkel
Die Buga hatte nach 99 Tagen gerade Halbzeit - Anlass genug, um nachzufragen, wie das Ganze nach drei Monaten so gelaufen ist. Bei einem exklusiven Pressegespräch mit CTOUR-Reisejournalisten am 29. Juli machte die Geschäftsführerin der Bundesgartenschau Erfurt 2021 gemeinnützige GmbH - Kathrin Weiß - dazu einige aufschlussreiche Angaben: In den ersten drei Monaten kamen etwa 600.000 Besucher zur Buga 2021. Bei schönem Wetter werden durchschnittlich 11.000 Tagesgäste gezählt; am 10. Juli waren es sogar 17.000. Bisher wurden 46.500 Dauerkarten verkauft. Die Chefin verwies auch auf die „querbeet" im Freistaat Thüringen verteilten 25 buga-Außenstandorte, die „ebenfalls eine Erfolgsgeschichte sind". Des Weiteren betonte Frau Weiß: „Die Nachhaltigkeit der Baumaßnahmen war und ist uns sehr wichtig. 85 bis 90 Prozent der Objekte bleiben nach Ende der buga am 10. Oktober erhalten und damit weiter für die Öffentlichkeit zugänglich."
Das 370 Meter lange Große Blumenbeet an einer der Hauptachsen des weitläufigen Gartenschau-Geländes ist vielbestaunter Augenschmaus des Erfurter Sommermärchens 2021. Foto: Manfred WeghenkelAuf einer Pressekonferenz am Petersberg am 30. Juli zogen Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein und Buga-Chefin Kathrin Weiß offiziell eine erste Zwischenbilanz. Der OB wörtlich: „Die Buga ist schon jetzt ein Erfolg. Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und die beiden Buga-Flächen melden stetig steigende Kunden- und Besucherzahlen. Die Stadt ist wieder voller Leben, die Buga ist unser Sommermärchen!" Natürlich profitiere auch die Blumenstadt Erfurt vom Buga-Boom. Dazu Bausewein: „Unsere Tourist-Information erlebt seit einigen Wochen stetig wachsendes Interesse. Kamen im Juni 21.600 Besucher waren es im Juli mehr als 35.000.“ Nicht nur die Führungen über die beiden Buga-Flächen, sondern auch durch die attraktive Altstadt von Erfurt mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten nahmen Fahrt auf.
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) sendete schon über 25 Mal live aus diesem gläsernen buga-Studio. Foto: Manfred Weghenkel
Lustige Blumenskulpturen erfreuen die Besucher an verschiedenen Wegen des riesigen egaparks. Foto: Manfred Weghenkel
Im Mai erreichte die Buga 44 Prozent der ursprünglich geplanten Besucherzahlen, im Juni 57 und im Juli mehr als 80 Prozent – Tendenz steigend. Und auch die Einnahmen bewegen sich nach oben: knapp 27 Millionen Euro sind der Plan, Stand heute sind es mehr als 13 Millionen, also knapp die Hälfte. „Abgerechnet wird zum Schluss“ sagt Kathrin Weiß. „Zehn Wochen in der Hauptbesuchszeit liegen noch vor uns.“ Und sie fährt fort: „Wir freuen uns über jeden Besucher und wollen jenseits der Million landen – aber das hängt natürlich auch vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.“
PR-Mitarbeiterin Kristin Luther von Erfurt Tourismus & Marketing mit CTOURisten am Anger. Foto: Hans-Peter GaulSelbstverständlich ließen es sich die aus Berlin angereisten Tourismusjournalisten nicht nehmen, bei schönstem Sommerwetter die beiden Buga-Areale im Rahmen von gut organisierten Führungen ausführlich zu erkunden, um aus erster Hand für ihre Leser und Zuschauer berichten zu können. Dafür gebührt der Erfurter Tourismus & Marketing GmbH, insbesondere der uns begleitenden PR-Frau Kristin Luther, ein dickes Lob.
Wenn es stimmt, dass der erste Eindruck immer der beste ist, so lautet der beim Betreten des weitläufigen, 37 Hektar großen buga-Hauptstandortes egapark am westlichen Stadtrand Erfurts: Wow - welch eine blühende Landschaft! Sofort fühlt man sich eingetaucht in eine faszinierende Welt der Gartenbaukunst mit vielfältigen Angeboten und Erlebnissen für Naturbegeisterte, für jung und alt. Auf Schritt und Tritt wird Augenweide geboten: Lilien, Rosen, Duftnesseln, Hortensien, Löwenmäulchen, Salbei, Zinnien, Sonnenhut, Petunien, Pelargonien und andere Blumen. Auch zahlreiche Kräuter sind dabei, so Kamille, Zitronenmelisse, Pfefferminze, Kapuzinerkresse und Baldrian. Im Großen Blumenbeet, das mit seinen 370 Metern Länge zu den Publikumsrennern gehört, blühen 253.000 Sorten. 63.000 Dahlien haben ihre Blüten geöffnet. Bisher wurden über 1.700 Veranstaltungen durchgeführt und 13 Hallenschauen gezeigt; zehn folgen noch.
Die frühere Cyriaksburg beherbergt heute das informativ-instruktive Deutsche Gartenbaumuseum. Fotos: Manfred Weghenkel
Der Aussichtsturm an der Cyriaksburg wird gerne bestiegen.
Das repräsentativste Gebäude, die Halle 1, liegt gleich hinter dem Eingangsbereich und den Wasserfontänen. Besuchenswert ist auch das in Deutschland einzigartige Deutsche Gartenbaumuseum auf der uralten Cyriaksburg im Egapark. Hinter mächtigen Festungsmauern erwartet einen auf 1.500 Quadratmetern die neue Dauerausstellung „Die ganze Welt im Garten". Ganz in der Nähe befinden sich zwei überaus fotogene Gebäude, die einmal Teil der früheren Festung Cyriaksburg waren: der Sternwarteturm und der 15 Meter hohe Aussichtsturm mit einer spiralförmig verlaufenden 61-stufigen Wendeltreppe. Vom Aussichtsplateau aus hat man eine wunderbare Rundumsicht auf das buga-Gelände und Teile der Stadt.
Franz Hofmann, neuer Geschäftsführer der Thüringen Tourismus GmbH, erläuterte das aktuelle Tourismuskonzept des Freistaates. Foto: Manfred Weghenkel
Auf der Cyriaksburg hatten die Berliner Reisejournalisten auch ein informatives Treffen mit dem neuen Geschäftsführer der Thüringer Tourismus Gesellschaft Franz Hofmann. Der aus Südtirol stammende Manager, seit einem Jahr im Amt, arbeitet daran, das Bundesland Thüringen innerhalb Deutschlands verstärkt als "attraktives, vielfältiges Kurzreisegebiet in zentraler Lage" zu positionieren. Hofmann verwies auf drei neue Erlebnisportale "Thüringen entdecken" zur Buga, in Weimar und künftig auch in Eisenach. Schon jetzt sei der Freistaat einer der Vorreiter bei der Digitalisierung des Tourismus, so durch die neue Online-Datenbank "ThüCAT", die alle relevanten touristischen Informationen bündelt.
Erfurt, das von Martin Luther einst als das „Heilige Römische Reich des Gartenbaus" gewürdigt wurde und wo 1865 die erste internationale Gartenschau stattfand, bleibt seinem Ruf als Wiege des Gartenbaus treu, ja baut ihn unter heutigen Bedingungen weiter aus.
Wo früher die Zentralgaststätte stand, beeindruckt jetzt die neu gebaute hochmoderne Tropenhalle „Danakil". Gastronomie gibt es jedoch auch heute noch hier. Foto: Manfred Weghenkel
Ein neuer großer Besuchermagnet im Egapark ist z. B. das für 18 Millionen Euro erbaute imposante Urwald- und Wüstenhaus Danakil an der Stelle, wo vorher die Zentralgaststätte stand. In diesem architektonisch interessanten gläsernen Gebäude mit über 2.000 Quadratmetern Fläche werden die an sich konträren Lebensräume Wüste und Regenwald vorgestellt und dabei auch exotische Pflanzen und Tiere gezeigt. Da sieht man Kakteen und Sukkulenten, Schefflera (8 Meter hoch!), Mangos und Ficusarten sowie Wüstenskorpione, Erdmännchen, Gundi und Wasserschildkröten. Hier können die beiden sehr unterschiedlichen Klimazonen an einem Ort mit dem Fokus auf Wasser und Klimaschutz erkundet werden. Namensgeber ist die Danakil-Wüste in Äthiopien. Besonders beeindruckt hat mich das moderne, vielfältige Infotainment in diesem durchaus spektakulären Tropenhaus. So zeigt eine Weltkugel die verschiedenen Klimazonen, erklären „Wissensquellen" die Wasserverteilung auf der Erde und vermitteln „Landschaftsscanner" Wissenswertes über die gerade gescannten Pflanzen. Zusätzliche Informationen gibt es bei Bedarf vom interaktiven Audioguide.
Im Urwald- und Wüstenhaus „Danakil" erleben die Besucher zwei Naturwelten unter einem Dach. Fotos: Manfred Weghenkel
Tropenhallenchef Chris Lange am Landschaftsscanner.
Erfurt bietet seinen Gästen die Buga also im Doppelpack an. Als zweiter Standort wurde die sich über der Altstadt erhebende, seit 1990 liebevoll und aufwändig für 11 Millionen Euro weitgehend restaurierte frühere „Zitadelle Petersberg" erschlossen, die nun in neuem Glanz zu erleben ist. Es handelt sich um eine der größten und besterhaltenen barocken Stadtfestungen Europas. In diesem Jahr sind Teile der der ab 1665 errichteten Zitadelle unbedingt besuchenswerte Ausstellungsfläche der Bundesgartenschau.
Das weltberühmte Wahrzeichen Erfurts: Dom und Severikirche. Fotos: Manfred Weghenkel
Bequemer Aufstieg zum innerstädtischen Buga-Areal Petersberg mittels neuer Liftanlage.Wer über den stets belebten Erfurter Domplatz spaziert und auf das berühmten Bauensemble Dom und die Severikirche zugeht, sieht rechterhand schon den Aufgang zur Zitadelle Petersberg. Am Ende der Treppe prangt in Großbuchstaben - ein Hauch von Hollywood -der Schriftzug ERFURT. Dort geht's zum gläsernen Lift, der die Besucher auf die obere Ebene bringt, wo das Festungs- und Gartenschauerlebnis beginnen kann. Auf jeden Fall sollte man die neue, sehr gut inszenierte und interaktive Ausstellung über die wechselvolle Historie der Festungsanlage im Kommandantenhaus besuchen sowie die Horchgänge in den starken Festungsmauern erkunden. Notwendige Informationen liefert das neben dem Kommandantenhaus gelegene moderne Besucherzentrum. Erlebbar ist die Zitadelle Petersberg auch mit einer App.
Im früheren Kommandantenhaus erwartet die Besucher eine bestens inszenierte Ausstellung zur wechselvollen Geschichte der Zitadelle. Fotos: Manfred Weghenkel
Erfurts Tourismuschefin Dr. Carmen Hildebrandt engagiert sich für die Wiederbelebung des Petersberges.
Natürlich steht der Petersberg zur Buga 2021 in voller Blüte. Das Außengelände wurde entsprechend umgestaltet. Neue Wege, schöne Wasserspiele, duftende Gärten, üppige Wechselflorflächen, viele Spielmöglichkeiten und gastronomische Einrichtungen erfreuen die Besucher. Seit 30 Jahren erstmals wieder geöffnet ist die eindrucksvolle 167 Meter lange frühere Defensionskaserne. Darin befindet sich das bereits erwähnte nagelneue Erlebnisportal „Thüringen entdecken", die Landespräsentation „Archäologische Zeitreise", die Foto-Ausstellung „Grüne Oasen" in den Kasernefenstern und auch ein Hofladen.
Seit vielen Jahren organisiert Mandy Neumann erfolgreich die Presse & Öffentlichkeitsarbeit der Thüringer Tourismus GmbH.
Gärtner Said aus Ungarn am Blauen Band vor der Kulisse der langgestreckten Ausstellungshalle Defensionskaserne. Fotos: Manfred WeghenkelAuf der großen Freifläche vor dem Gebäude ist das Kunstprojekt „Blaues Band" zu bestaunen - eine einmalige textile Raum- und Landschaftsskulptur. Sie geht auf die historische Kultur des Färbens von Textilien mit der Pflanzenfarbe Blau in Erfurt zurück. Das an Masten befestigte Blaue Band zieht sich 120 Meter lang durch die Parklandschaft und ist ein beliebtes Fotomotiv. Dahinter ragt die stattliche frühere Klosterkirche St. Peter und Paul auf - Thüringens größter romanischer Sakralbau. Der als Monumentalgemälde gestaltete farbenprächtige Dreiecksgiebel - ein echter Hingucker - thematisiert die in der Peterskirche gebotene multimediale Ausstellung „Paradiesgärten - Gartenparadiese". Spektakulär! Besonders wertvoll: bedeutende mittelalterliche Wandmalereien, die nach der Teilsanierung erstmalig wieder zu sehen sind.
Viel besucht: die alte Peterskirche mit dem wunderschönen Giebel und der prächtigen Ausstellung „Paradiesgärten - Gartenparadiese". Foto: Manfred Weghenkel
Vom Mittelalter wieder in unsere Zeit. Zu den 25 Buga-Außenstandorten in fast allen Regionen Thüringens - von Greiz und Apolda und über Weimar (allein 6 Standorte) und Sangerhausen bis Gotha und Bad Liebenstein gehört auch der „Bergfried-Park" in der 75 Kilometer von Erfurt entfernten Feengrotten- und Kurstadt Saalfeld an der Saale. Ein Abstecher dorthin bildete den Abschluss der informativ-erlebnisreichen CTOUR-Journalistenreise zur Buga 2021.
Der Bergfried-Park gilt als einzigartiges Beispiel bürgerlicher Gartenkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Villa mit dem Schmuckhof auf dem Berg ließ der Saalfelder Mauxion-Schokoladenfabrikant Ernst Hüther 1922/24 für seine Familie bauen.
Die in den 1920er Jahren von Ernst Hüter gebaute Fabrikantenvilla mit Schmuckhof am Buga-Außenstandort „Bergfried-Park" von Saalfeld. Foto: Manfred Weghenkel
Zum Buga-Flair passend: der idyllische Japangarten im „Bergfried-Park" von Saalfeld. Fotos: Manfred Weghenkel
Die drei Meter hohe, mit Elefanten verzierte Bronzeleuchte am Japangarten.
Danach entstand auch der am Hang gelegene großzügige Park mit gärtnerischen Finessen, wie den Japangarten mit seinen fernöstlichen Elementen. Gestalterischer Höhepunkt des Bergfrieds ist die noch heute faszinierende Sichtachse vom Herrenhaus über die Lindendoppelallee bis zum ganz oben gelegenen Weiherhäuschen. Und wer sich für die Geschichte dieses Landschaftsparkes und des Industriellen-Lebens von Ernst Hüter (1880 - 1944) interessiert, wird in einer Ausstellung inkl. Dokumentarfilm - im Talfried, dem ehemaligen Gärtnerhaus, fündig. Unser besonderer Moment war das besinnliche Lauschen des Carillons am 14 Meter hohen Glockenturm. Zeit zum kurzen Innehalten und Ausspannen nach zwei recht lebhaften, ereignisreichen Buga-Tagen.
Text und Fotos (20): Manfred Weghenkel
Weitere Informationen zu Öffnungszeiten, Preisen, Tickets, Veranstaltungen, Hotels und Gaststätten, Verkehrsanbindungen, Pandemie-Regelungen:
www.buga2021.de
www.erfurt-tourismus.de
www.saalfeld-tourismus.de
www.thueringen-entdecken.de